Kartenzählen

Jede Karte zählt: die Tricks der Card Counter

Hi-Lo, Wonging, Smartphone-Apps, die Karten zählen, oder gleich eine Armada von „Spottern”, die das Spiel an sämtlichen Tischen eines Kasinos beobachten und ihre Spieler mit geheimen Gesten an diejenigen dirigieren, die im Moment besonders erfolgversprechend erscheinen – wenn es darum geht, im Black Jack den Dealer zu überlisten und so richtig abzuräumen, scheint die Phantasie der Spieler keine Grenzen zu kennen. Das Zauberwort: Card Counting, also das Zählen der Kartenwerte, die in jeder Runde gegeben werden.

Das Prinzip dahinter ist ganz einfach: Je höher die Prozentzahl von Karten mit hohen Werten wie Zehn oder As im Schlitten, aus dem der Dealer die Karten gibt, ist, desto höher ist auch die Chance des Spielers, dass er eine 21 bekommt, oder zumindest ein Blatt, das zwanzig Punkte wert ist. Umgekehrt erhöhen viele niedrige Karten die Chancen des Dealers gegenüber den Spielern. Ein weiterer Faktor ist die verbleibende Anzahl der Karten im Schlitten, denn je mehr Karten bereits ausgespielt wurden, desto genauer wird der „Count”, mit dem man abschätzt, ob es sich lohnt, hoch zu setzen.

Gute Spieler zählen also die gegebenen Karten mit und kommen so zu einer Einschätzung der Chancen im Spiel – dem sogenannten „Running Count”. Dabei zählt jede niedrige Karte als -1, jede hohe als +1; die Karten zwischen 7 und 9 gelten als neutral und werden mit 0 gezählt. Durch langes Training sind sie zusätzlich in der Lage, die Menge der Karten im Schlitten einzuschätzen. Wenn zum Beispiel noch etwa zwei Decks im Schlitten sind, bedeutet das einen „True Count” von 2. Damit teilt man den Running Count, und wenn man dadurch immer noch eine positive Zahl als Resultat erhält, stehen die Chancen auf ein Gewinnerblatt gut. Je mehr Hände man schon an einem Tisch gezählt hat, desto zuverlässiger wird der Count und desto besser die Chancen.

Das sogenannte „High-Low-Counting” ist aber nur die simpelste Methode des Kartenzählens beim Black Jack. Begeisterte Zocker haben die erstaunlichsten Systeme entwickelt, um den Dealer zu schlagen und beim Spielen abzuräumen. All diese Verfahren haben aber einen gewaltigen Pferdefuß: Je mehr Zeit der Spieler braucht, um bei jeder Runde sein kompliziertes System durchzurechnen, desto schneller fällt er dem Dealer und den Sicherheitsleuten der Spielbank auf. Und die schätzen Kartenzähler an ihren Black Jack-Tischen überhaupt nicht. Zwar handelt es sich beim Card Counting nicht um Falschspiel im rechtlichen Sinne; der Versuch, das einem Security-Mann in einem amerikanischen Casino zu erläutern, dürfte aber auf jeden Fall zum Scheitern verurteilt sein. Stattdessen wird man den Spieler kurzerhand an die frische Luft befördern und auf die „Blacklist” sämtlicher Casinos in Las Vegas oder Atlantic City setzen. Auch in deutschen Spielbanken darf der zählende Zocker übrigens damit rechnen, dass die Bank höflich aber bestimmt von ihrem Hausrecht Gebrauch macht. Und wenn man dem Drehbuch des Films „21” mit Kevin Spacey glauben darf, der die Geschichte eines unter Zockern berühmten Card Counting Teams erzählt, müssen Kartenzähler in den USA noch mit erheblich schmerzhafteren Konsequenzen rechnen, besonders, wenn es sich um ganze Teams handelt, die mit Spottern und Playern sämtliche Tische eines Casinos abräumen. Diese aufwendige Variante des Card Counting ist auch als „Wonging” bekannt, benannt nach dem Pseudonym eines bekannten Black Jack-Spielers und Autors.

Natürlich ist Black Jack nicht das einzige Casinospiel, bei dem die Zocker versuchen, sich durch Tricks und Systeme Vorteile zu verschaffen. Vom dreidimensionalen Baccarat-Wettsystem bis zu komplizierten Wahrscheinlichkeitsberechnungen am Roulettekessel oder Psychotricks beim Texas Holdem ist so ziemlich alles schon einmal versucht worden. Das Ergebnis? Ganz einfach: Am Ende gewinnt immer die Bank. Und ganz nebenbei: Beim Online-Black Jack ist das Kartenzählen endgültig sinnlos, denn dort werden die Hände durch einen Zufallsgenerator gegeben.